Chemisches Kunststoffrecycling: Wie das KIT Abfall in wertvolle Rohstoffe verwandelt

Plastik ist allgegenwärtig – und ein wachsendes Problem. Weltweit werden jedes Jahr rund 400 Millionen Tonnen Kunststoff produziert. Bis 2050 könnte sich diese Menge verdoppeln. Ein Großteil landet nach kurzer Nutzung in der Müllverbrennung oder in der Umwelt: Mikroplastik in den Ozeanen, Nanoplastik in unserem Körper. Nur etwa 10 Prozent der Kunststoffe werden in Deutschland tatsächlich recycelt.

Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zeigt das Carbon Cycle Lab, dass es auch anders geht: Mit Hilfe von chemischem Recycling werden selbst stark verschmutzte oder gemischte Kunststoffabfälle wieder in nutzbare Rohstoffe verwandelt – ganz ohne Erdöl.

Pyrolyse: Vom Plastikmüll zum Kunststofföl

Das Herzstück des Verfahrens ist die Pyrolyse. Dabei werden Kunststoffe bei hohen Temperaturen ohne Sauerstoff zersetzt. Aus den Abfällen entsteht ein Kunststofföl, das anschließend weiter aufbereitet und zu neuen Kunststoffen verarbeitet werden kann.

„Recycling spart immer Energie im Vergleich zur Neuproduktion aus Erdöl“, erklärt Prof. Dieter Stapf, Leiter des Instituts für Technische Chemie am KIT. Nur etwa fünf Prozent der im Kunststoff enthaltenen Energie sind nötig, um ihn pyrolytisch in Öl umzuwandeln.

Effizient und vielseitig

Das Verfahren eignet sich besonders für Kunststoffe, die nicht sortenrein recycelt werden können – etwa schwarze Kunststoffe, Elektro- und Elektronikschrott oder verschmutzte Verpackungen.

Die Ausbeute ist beeindruckend: Im Durchschnitt lassen sich 60 bis 70 Prozent des Kohlenstoffs aus den Abfällen zurückgewinnen. In Kombination mit weiteren Verfahren, wie der Herstellung von Synthesegas aus dem Pyrolyseöl, sind sogar noch höhere Effizienzen möglich.

Vorteile gegenüber Verbrennung

Im Vergleich zur klassischen Müllverbrennung bietet chemisches Recycling klare Vorteile:

  • Klimaschutz: Deutlich weniger CO₂-Emissionen.

  • Ressourcenschonung: Nutzung vorhandener Abfälle anstelle von Erdöl.

  • Kostenersparnis: Müllverbrennung kostet bis zu 300 € pro Tonne – Recycling spart diese Kosten.

  • Kein Mikroplastik: Abfälle werden vollständig aufgelöst, nicht einfach deponiert.

Anwendungen und Zukunftsperspektiven

Das am KIT entwickelte Verfahren ist bereits vom Labor- in den Pilotmaßstab überführt. Ziel ist es, die Technologie in den kommenden Jahren großindustriell nutzbar zu machen.

Mögliche Einsatzbereiche sind vielfältig:

  • Herstellung neuer Kunststoffe für Verpackungen und Industrie.

  • Nutzung von Recycling-Öl als Ausgangsstoff für die Chemieindustrie.

  • Schaffung geschlossener Kohlenstoffkreisläufe zur Reduktion von Treibhausgasen.

Hürden für den Durchbruch

Noch fehlt es an Investitionen und gesetzlichen Rahmenbedingungen. „Wir brauchen mehr Mut, großtechnische Anlagen zu bauen und den Einsatz von Rezyklaten gesetzlich zu fördern“, so Stapf. Nur so könne chemisches Recycling sein volles Potenzial entfalten und zum entscheidenden Baustein der Kreislaufwirtschaft werden.

Fazit

Das Carbon Cycle Lab am KIT zeigt, wie sich selbst schwer recycelbare Kunststoffabfälle in wertvolle Rohstoffe verwandeln lassen. Chemisches Recycling könnte so einen entscheidenden Beitrag leisten, um Plastikmüll zu reduzieren, das Klima zu schützen und die Abhängigkeit von Erdöl zu verringern.

Top ↑