Nutzerorientiertes Rollout für generative KI – Wie das KIT erforscht, wie Mensch und Maschine besser zusammenarbeiten
von Campusradio Karlsruhe · Veröffentlicht · Aktualisiert
ChatGPT, Copilot, Perplexity & Co. – generative Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Arbeitswelt grundlegend. Texte schreiben, Daten analysieren, Software entwickeln oder Finanzberichte visualisieren – viele Tätigkeiten, die früher Stunden dauerten, lassen sich heute mit wenigen Prompts erledigen.
Doch der technische Fortschritt allein reicht nicht aus, um Effizienz und Wohlbefinden am Arbeitsplatz tatsächlich zu steigern. Genau hier setzt das Forschungsprojekt „Mensch-KI“ am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) an.
Wenn KI produktiv – und menschlich – sein soll
Das Projekt wird in Kooperation mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und Partnern wie EnBW, Allianz und Heidelberger Services durchgeführt. Ziel ist es, die Bedingungen zu erforschen, unter denen der Einsatz von KI-Systemen in Unternehmen Produktivität und Wohlbefinden gleichermaßen verbessern kann.
Dr. Julia Seitz und Doktorand Timo Schulz vom Institut für Wirtschaftsinformatik des KIT betonen:
„Mensch und Maschine müssen zusammen gedacht werden. Nur wenn beide in einer echten Kooperation agieren, entstehen Produktivitäts- und Wohlbefindensgewinne.“
Lernen mit der KI – nicht nur über sie
Damit KI nicht zur Belastung, sondern zur Unterstützung wird, braucht es neue Lernformen. Neben klassischen Schulungen erforscht das KIT situatives Lernen – also Lernen durch Interaktion:
„Generative KI kann helfen, sich selbst besser zu erklären“, so Dr. Seitz.
„Wenn das System erläutert, warum ein Prompt nicht funktioniert oder wie man ihn verbessern kann, entsteht ein Prozess des Learning by Doing.“
So wird KI nicht nur zum Werkzeug, sondern zum Lernpartner, der das Verständnis für Technologie und Arbeitsprozesse gleichermaßen fördert.
Beobachten, verstehen, verbessern
Um zu erforschen, wie Menschen tatsächlich mit KI arbeiten, setzt das Mensch-KI-Team auf Observationsstudien – ähnlich dem „Jobshadowing“. Dabei werden reale Nutzer:innen in ihrem Arbeitsalltag beobachtet, um zu verstehen, wie sie mit den Tools interagieren und wo Probleme entstehen.
Das Team nutzt dafür A/B-Tests, Umfragen und Interviews sowohl im Labor (im KD²Lab in Karlsruhe) als auch im Feld – also direkt im Unternehmensumfeld.
Diese Kombination ermöglicht einen einzigartigen Einblick in das Zusammenspiel von Mensch und KI unter realen Bedingungen.
Mensch im Mittelpunkt statt blinder Technikgläubigkeit
Ein wichtiges Thema der Forschung ist die sogenannte „Reliance“ – das blinde Vertrauen in KI-Systeme. Wenn Menschen KI-Ergebnisse ungeprüft übernehmen, können Kompetenzen verloren gehen.
„Die Kompetenz muss beim Menschen bleiben“, betont Timo Schulz.
„Wir denken im Konzept Human in the Loop: KI unterstützt, aber ersetzt nicht.“
Damit rückt das KIT die Mensch-Maschine-Schnittstelle ins Zentrum: Technologien sollen so gestaltet werden, dass sie intuitiv verständlich sind, Nutzer:innen befähigen – und keine neuen Stressfaktoren schaffen.
Wohlbefinden als Maß für den Erfolg
Produktivität allein ist nicht das Ziel – sie muss mit Zufriedenheit einhergehen.
Im Projekt werden daher psychologische und physiologische Faktoren des Wohlbefindens untersucht: Zufriedenheit, Stress, Motivation.
Mittels Umfragen, wiederholter Befragungen und sogar Biosignalen analysieren die Forschenden, wie sich der Einsatz von KI-Tools auf den Menschen auswirkt – im Labor und später im realen Unternehmenskontext.
„Wir wollen verstehen, welche Aspekte des Wohlbefindens wirklich beeinflusst werden – und wie“, erklärt Seitz.
Vom Labor in die Praxis – Wissen für alle
Das Projekt läuft von 2025 bis 2028. Neben wissenschaftlichen Erkenntnissen sollen am Ende konkrete Handlungsempfehlungen und Transferkonzepte entstehen:
Workshops und Schulungskonzepte für Unternehmen
Open-Source-Tools für nutzerzentrierte KI-Integration
Best-Practice-Leitfäden zur Einführung von KI im Arbeitsalltag
Gemeinsam mit dem Verein Usability in Germany (UIG) will das KIT die Ergebnisse auch kleinen und mittleren Unternehmen zugänglich machen – damit generative KI nicht nur ein Buzzword bleibt, sondern echten Nutzen für Menschen und Betriebe schafft.
Fazit
Generative KI kann Arbeit vereinfachen, beschleunigen und bereichern – wenn sie richtig eingeführt wird.
Das KIT zeigt mit dem Projekt „Mensch-KI“, dass der Schlüssel zum Erfolg nicht allein in der Technologie liegt, sondern im respektvollen Zusammenspiel von Mensch und Maschine. Nur wenn Arbeitszufriedenheit, Lernen und Effizienz gemeinsam gedacht werden, wird aus Künstlicher Intelligenz eine echte Partnerin für die Zukunft der Arbeit.